Der Evaluationsbericht ist in der Sitzung des Umweltausschusses vom 12. November 2020 vorgestellt worden. Er beschreibt - sechs Jahre nach Verabschiedung des Masterplans 100% Klimaschutz im Rat der Stadt – eine Zwischenbilanz auf dem Weg zum Ziel der Klimaneutralität Göttingens.
Fazit: In vielen Bereichen gibt es Fortschritte, zahlreiche Projekte wurden umgesetzt. Insgesamt jedoch werden die gesteckten Ziele mit dem jetzigen Tempo klar verfehlt. Für die notwendige Trendwende müssten die Anstrengungen in der gesamten Stadtgesellschaft deutlich verstärkt werden. Hier setzt der künftige Klimaplan Göttingen 2030 an: Darin werden die lokalen Strategien angepasst und neue Maßnahmen entwickelt.
Appell an die Stadtgesellschaft
„Der Evaluationsbericht gibt nicht nur den Status Quo wieder, sondern versteht sich auch als ein eindringlicher Appell an die gesamte Stadtgesellschaft, der Klimakrise beherzt entgegenzuwirken“ sagt Dinah Epperlein, Leiterin des neuen Referats für nachhaltige Stadtentwicklung, „nur durch das Mitwirken möglichst vieler Bürger*innen, Unternehmen und Einrichtungen, können wir der großen Herausforderung wirksam begegnen.“
Vorreiterrolle auf kommunaler Ebene
Doch der Bericht zeigt auch: „Göttingen hat in seiner langen Klimaschutz-Historie eine Vorreiterrolle auf kommunaler Ebene eingenommen und schon viele Maßnahmen erfolgreich umgesetzt“, stellt Referatsleiterin Epperlein fest. So werden beispielsweise die Inbetriebnahme des Biowärmezentrums und der Ausbau der Fernwärmeinfrastruktur durch die Stadtwerke Göttingen den Anteil der erneuerbaren Energien im Wärmesektor deutlich steigern.
Solarenergie und Mobilität
Dächer von städtischen Gebäuden sind bereits soweit möglich mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet und machen etwa 25 Prozent der in Göttingen installierten Leistung aus. Für eine klimafreundliche Mobilität wurden bereits zahlreiche Vorhaben aus dem Klimaplan Verkehrsentwicklung verwirklicht oder angestoßen. Nicht zuletzt wird innerhalb der Stadtverwaltung an vielen Stellen für mehr Klimaschutz gearbeitet, das reicht von Bildungsprojekten über Aktionen wie die jährlichen Klimaschutz-Tage bis zur Verankerung von Klimaschutz in der Bauleitplanung.
Zwischenbilanz zur Halbzeit
Die Maßnahmen wirken, aber: Seit dem Bezugsjahr 1990 sind 30 Jahre vergangen, die weitgehende Treibhausgasneutralität soll laut Masterplan 100% Klimaschutz bis spätestens 2050 – also in weiteren 30 Jahren – erreicht werden. Die drei zentralen Ziele sind Treibhausneutralität, Halbierung des Energieverbrauchs und Deckung des Restbedarfs mit regionalen erneuerbaren Energiequellen bis 2050. Mit der bisherigen Umsetzungsgeschwindigkeit ist das laut der jüngsten Energie- und Treibhausgasbilanz von 2018 nicht zu schaffen.
Höheres Tempo erforderlich
„Das ist in erster Linie auf sehr ungünstige Rahmenbedingungen auf der Bundesebene zurückzuführen, zum Beispiel im Energie- und Gebäudesektor“, erklärt Referatsleiterin Epperlein, „aber auch auf gesellschaftliche Trends, wie energieintensive Lebensstile in den Bereichen Mobilität, Konsum und Wohnen, und die gute Konjunktur vor der Corona-Pandemie.“ Dies seien Faktoren dafür, dass die Treibhausgasemissionen in Göttingen seit 1990 mit 29 Prozent um weniger als geplant zurückgegangen sind. Der Energieverbrauch sank lediglich um 10 Prozent, stieg in den vergangenen Jahren sogar wieder an.
Erneuerbare Energien
Auch die Masterplan-Zwischenziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Göttingen werden bislang verpasst. Aktuell gibt es eine Windenergieanlage, geplant waren fünf Anlagen bis 2020. Bei der Photovoltaik war 2018 lediglich ein Zehntel der angestrebten Leistung installiert (Stand Ende 2018: 13,9 MWp; Ziel 2020: 136 MWp) und bei der Solarthermie sind bisher weniger als 5 Prozent des Ziels für 2020 erreicht (Stand Ende 2018: 4,9 Tsd. m², Ziel 2020: 113 Tsd. m²). Insgesamt beträgt der Anteil lokal erzeugter erneuerbarer Energien am Göttinger Gesamtenergieverbrauch (ohne Verkehr) 4,2 Prozent (Ziel 2020: 18 Prozent). Wichtige Gründe für die geringen Ausbauraten in Göttingen sind – genauso wie andernorts - verschlechterte rechtliche und finanzielle Bedingungen für Eigentümer*innen und Investor*innen, unter anderem durch die jüngsten Novellen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes.
Klimaplan Göttingen 2030
In den kommenden Jahren gilt es, die vorhandenen Potentiale auf der lokalen Ebene noch schneller und effektiver auszuschöpfen, um die CO2-Emissionen wesentlich stärker zu reduzieren als bisher. Mit dem künftigen Klimaplan Göttingen 2030 werden zurzeit neue Maßnahmen und Projekte entwickelt. Dafür haben Bürger*innen und Initiativen bei einem Online-Beteiligungsverfahren im Sommer zahlreiche Ideen und Projektvorschläge eingereicht. Die Anregungen fließen in die weiteren Beratungen zum Klimaplan Göttingen 2030 ein.
Evaluationsbericht Klimaschutz 2020